Berlin, im Juni 2001

Stellungnahme zum Schwangerschaftsabbruch

Im Zusammenhang mit der Präimplantationsdiagnostik muß notwendigerweise das Problem des Schwangerschaftsabbruches neu diskutiert werden. Da diese Thematik in ganz besonderem Maße die Frauenärztinnen und Frauenärzte als aktiv Handelnde betrifft, möchten sie sich aktiv in die Diskussion um zukünftige Entscheidungen einbringen.

Diese Einbindung ist bedauerlicherweise in den Vorläufen für die letzte Neufassung des Paragraphen 218 nicht erfolgt. Grundsätzlich wird von seiten der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches in besonderen Situationen als notwendig angesehen, da ein generelles Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen zu nicht akzeptablen Gefährdungen von Frauen in Notsituationen durch nicht kompetente, illegale Vorgehensweisen führen würde.

Einer Änderung bedarf aus der Sicht der DGGG die Ermöglichung der Spätabtreibung aus mütterlicher Indikation praktisch bis zum Geburtstermin - etwa durch pathologische pränataldiagnostische Befunde begründet. In dieser Frage sollten rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einen derartigen Eingriff deutlich erkennbar nur in dokumentierten außerordentlichen Notsituationen zuläßt. In diese Regelung müßte der Fetozid in äquivalenter Form mit eingeschlossen werden. Die derzeitige Diskussion um die Rechte und den Stellenwert jedes Embryos findet in der jetzigen Beratungslösung für die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches keine ausreichende Berücksichtigung. Vom zur Zeit erkennbaren Verständnis der Rechte eines Embryos sollte die Abwägung zwischen den Rechten der Schwangeren und denen des Embryos zu einer Indikation führen, die im Einzelfall einen Schwangerschaftsabbruch begründet und rechtfertigt

In diesem Zusammenhang würde dann auch die Bewertung, daß ein Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig, aber straffrei sei, aufzuheben sein. Dabei sollte ebenfalls geregelt sein, daß die oder der den Abbruch vornehmende Gynäkologin/Gynäkologe die von dritter Seite gestellte Indikation kennen und für sich akzeptieren muß. Bei allem Verständnis für die große Bedeutung gesellschaftlicher und politischer Argumente in der Diskussion um den Schwangerschaftsabbruch sollte die besondere Problematik für die im Einzelfall den Abbruch durchführenden Frauenärztinnen und Frauenärzte nicht übersehen und in die Diskussion mit einbezogen werden. Dies gilt umso mehr, als in der derzeitigen Debatte um die Präimplantationsdiagnostik die Rolle und die Rechte des Embryos in besonderem Maße betont werden.

Prof. Dr. H. G. Bender Präsident der DGGG

Pressestelle

Sara Schönborn | Heiko Hohenhaus | Katja Mader
Pressestelle Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V.
Jägerstraße 58-60
10117 Berlin
Telefon: +49 (0)30-514 88 3333
E-Mail: Bitte aktivieren Sie JavaScript, um diesen Link anzuzeigen!