Berlin, im Oktober 2012

DGGG-Kongress 2012 - Risiken in der Schwangerschaft werden immer früher erkannt und behandelt - Eröffnungs-Pressekonferenz am 4.10.2012

Die größte Errungenschaft der letzten Jahre in der Betreuung von Schwangeren und ihren Kindern ist der Ultraschall. Mit dieser unschädlichen Untersuchung können in vielen Fällen heute Probleme des Kindes schon während der Schwangerschaft entdeckt und häufig auch behandelt werden, bevor das Kind Schaden nimmt. So tritt bei jeder 50. Zwillingsschwangerschaft im zweiten Trimester eine ungleichmäßige Versorgung der beiden Zwillinge mit Blut aus der Nabelschnur auf. Während der eine Zwilling unterversorgt wird, bekommt der zweite zu viel Blut und Flüssigkeit. Für beide Zwillinge stellt das eine lebensbedrohliche Situation dar. In einigen Zentren in Deutschland ist es heute möglich, diese Veränderungen der Blutgefäße mit einem Laserstrahl zu therapieren. 70 bis 90% der Kinder überleben nach diesem Eingriff ohne weitere Schädigung.

Die Lasertherapie beim so genannten Zwillings-Syndrom wurde durch Kypros Nicolaides mitentwickelt. Nikolaides führte auch die Ultraschall-Messung der Nackenfalte des Embryos in die Schwangerschaftsdiagnostik ein, und er hat auch dievorgeburtliche Behandlung des Feten mit Bluttransfuionen in die Nabelschnur sowie die Einlage von Kathetern zur Entlastung bei Nieren- und Lungenerkrankungen entscheidend mitbeeinflusst. Er ist eine Koryphäe der vorgeburtlichen Diagnostik und Therapie. Dem wissenschaftlichen Komitee des 59. DGGG-Kongresses ist es gelungen, Kypros Nikolaides für einen Schwerpunkt-Vortrag nach München zu holen. ,“Wir erwarten uns von diesem Vortrag wesentliche Impulse, um in Zukunft Erkrankungen des ungeborenen Kindes noch besser erkennen und behandeln zu können“, so Prof. Dr. med. Franz Kainer.

Zusätzlich zu der Vorlesung von Kypros Nicolaides sind zu den Möglichkeiten der frühzeitigen vorgeburtlichen Diagnostik und Therapie mehrere Sitzungen auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe geplant. Denn neben der Erkennung von möglichen Erkrankungen des ungeborenen Kindes steht immer die zweite Frage im Raum, wann der optimale Zeitpunkt für einen Eingriff ist: Soll die Erkrankung – zum Beispiel eine Störung der Herzklappen, der Ausbildung des Rückenmarks, von Blase und Nieren – noch während der Schwangerschaft behandelt werden, also entweder in einer Art doppelter Schlüsselloch-Chirurgie, die Mutter und Kind betrifft, oder sogar als offener Eingriff, bei dem die Gebärmutter und die Fruchthöhle eröffnet und das Kind operiert wird? Oder sind die Risiken dieser Eingriffe höher als die Chancen, die das Kind hat, wenn es mit der Krankheit zunächst ungestört in der Gebärmutter wachsen und ausreifen kann? In vielen Fällen ist es der bessere Weg, die Schwangerschaft möglichst lange zu erhalten und das Kind nach der Geburt in einer speziellen Neugeborenen-Chirurgie zu versorgen.

Mit ASS Präeklampsien verhindern?

Eine dauerhaft gestörte Durchblutung der Plazenta ist an der Entstehung von Blutdruck-Krisen in der Spätschwangerschaft und Geburt beteiligt. Wahrscheinlich lösen Hormone der Plazenta die Blutdrucksteigerungen aus mit dem Ziel, die Blutversorgung des Kindes zu sichern. Durchblutungsstörungen können frühzeitig im Doppler-Ultraschall festgestellt werden. Ein moderner Therapieansatz, der bisher in Studien erprobt wurde, ist in diesen Fällen die Gabe von sehr niedrig dosiertem ASS. Vieles deutet darauf hin, dass ASS die Durchblutung der Plazenta so weit verbessern kann, dass ein großer Teil der Blutdruckkrisen in der Spätschwangerschaft und während der Geburt verhinder werden können. Auf dem DGGG-Kongress wird diskutiert, ob die ASS-Gabe künftig allen Frauen mit derartigen Symptomen angeboten werden soll.

Diabetes-Screening endlich im Mutterpass

Ein weiterer Themenschwerpunkt ist die Früherkennung des Schwangerschafts-Diabetes. Wenn ein Schwangerschaftsdiabetes nicht erkannt wird, drohen Komplikationen während der Geburt und Folgeschäden für das Kind. Deshalb ist das Screening ist als Angebot für alle werdenden Mütter seit Frühjahr 2012 in die Mutterschaftsrichtlinien aufgenommen worden, nachdem die Fachgesellschaften und auch die DGGG seit Jahren gefordert hatten, dass nicht nur Risikoschwangere einen Diabetestest erhalten sollen, sondern alle Schwangeren. Noch nicht geklärt sind bis heute die Rahmenbedingungen. Denn viele Krankenkassen sind nicht bereit, den Ärzten, die diese Untersuchung durchführen, den Aufwand zu honorieren. „Wir haben uns viele Jahre lang dafür eingesetzt, dass alle Schwangeren eine sorgfältige Diabetes-Früherkennung erhalten können,  weil es einfach nicht ausreicht, nur Schwangere mit bestimmten Risiken zu testen“, so Prof. Kainer. „Jetzt ist der Gemeinsame Bundesausschuss dem Empfehlungen aus unseren aktuellen Leitlinien gefolgt, und wir können nur hoffen, dass die Krankenkassen bald erkennen, dass das Screening hilft, Risiken für Mutter und Kind sehr frühzeitig zu erkennen und Folgeschäden zu verhindern.“ 

Gibt es eine Garantie für eine sichere Schwangerschaft und Geburt? Prof. Kainer sagt „nein, aber wir lernen, Risiken immer früher zu erkennen und zu behandeln, bevor daraus echte Komplikationen und Erkrankungen werden.“

© DGGG 2012


Ihre Ansprechpartner:

Prof. Dr. med. Franz Kainer 
Leiter des Perinatalzentrums
089/5160-4913

Klinik & Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Ludwig-Maximilians-Universität München<
Campus Innenstadt 
Maistr. 11
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089/5160-4600 
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