Name ist kein Programm: Versorgungsqualität für Frauen mit Krebs der Genitalorgane würde sich mit neuem BMG-Gesetz verschlechtern

Mit Blick auf einen neuen Referentenentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz mahnt die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. unterstützt von der Deutschen Gesellschaft für Senologie (DGS) e.V. dringende Korrekturen an. Erfolgen diese nicht, würde die hohe Qualität der Versorgung für Frauen mit Krebs in Deutschland gefährdet.

Die Qualität der Versorgung von Krebspatientinnen sollte beibehalten werden. nimito/stock.adobe.com
Es sind dringende Korrekturen am Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz nötig. Geschieht dies nicht, würde sich die etablierte Versorgungsqualität für Frauen mit Krebs der Genitalorgane in Deutschland verschlechtern.

Berlin, im April 2024 – Die 1. Lesung für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz von Gesundheitsminister Karl Lauterbach soll noch vor der Sommerpause erfolgen. Einer der Kernpunkte des Gesetzes ist, dass die Struktur eines Krankenhauses künftig nicht mehr wie bisher durch Fachgebiete wie Innere Medizin, Chirurgie oder Frauenheilkunde und Geburtshilfe definiert wird, sondern durch sogenannte „Leistungsgruppen“. Nach der bisherigen Planung werden die Leistungen, welche im Gebiet der Frauenheilkunde und Geburtshilfe erbracht werden können, in 7 Leistungsgruppen eingeteilt:


➢ Allgemeine Frauenheilkunde
➢ Ovarial-CA
➢ Senologie
➢ Geburten
➢ Perinataler Schwerpunkt
➢ Perinatalzentrum Level 1
➢ Perinatalzentrum Level 2

Problematisch ist die vorgesehene Leistungsgruppe für Eierstockkrebs, in der Fachsprache „Ovarial-CA“ genannt. Fest steht: Ovarial-CA betrifft 3,1% aller krebskranken Frauen. Fast 3x so häufig (8,2% aller Krebserkrankungen) sind aber Gebärmutter, Gebärmutterhals, Vulva und Vagina betroffen. Für diese Hervorhebung, und damit zugleich eine Ausgrenzung der übrigen gynäko-onkologischen Diagnosen, gibt es keine sachlich-medizinische Begründung, so die Kritik der Fachvertretenden. In der bisherigen Definition der Leistungsgruppen fällt die Mehrzahl der gynäkologischen Karzinome in die Leistungsgruppe Allgemeine Frauenheilkunde. Damit würden sie nicht mehr in zertifizierten onkologischen Zentren versorgt, sondern in der Leistungsgruppe „Allgemeine Frauenheilkunde“, die keine onkologische Spezialisierung vorsieht.

„Dieses Gesetz in der gegenwärtigen Form würde das etablierte Zertifizierungssystem für gynäkologische Krebszentren zerstören und einen großen Teil der Krebspatientinnen in Deutschland hinsichtlich einer adäquaten Versorgung benachteiligen.“
Prof. Barbara Schmalfeldt,
DGGG-Präsidentin

 

Bisher werden diese Krebserkrankungen ebenso wie Ovarialkarzinome in sogenannten „gynäkologischen Krebszentren“ behandelt. Diese sind hochspezialisiert und unterliegen einem strengen Zertifizierungssystem der Deutschen Krebsgesellschaft. Wichtig zu wissen ist, dass die Heilungschancen bei Behandlung in einem derartigen Zentrum deutlich höher sind als wenn die Therapie nicht in einem spezialisierten Zentrum erfolgt. Das wurde wiederholt von den Krankenkassen genauso wie vom Bundesgesundheitsminister Lauterbach als großer Fortschritt gelobt. Dennoch wird künftig nahezu 1 von 10 Frauen mit einer Krebserkrankung die Versorgung in einem auf Krebserkrankungen spezialisierten Zentrum verwehrt.


Dies konterkariert ein anderes erklärtes Ziel der Krankenhausreform von Minister Lauterbach: Die Konzentrationsbemühungen und Verbesserungen der Qualität im Bereich der Onkologie sollen durch die Spezialisierung von onko-chirurgischen Leistungen gefördert werden. Die vorgesehene Definition der Leistungsgruppe „Ovarial-CA“ und der Ausschluss der übrigen gynäkologischen Malignome ist aus fachlich-medizinischer Sicht weder geeignet, noch angemessen, um eine sachgerechte Konzentration von Versorgungsstrukturen in dem Bereich der onko-chirurgischen Leistungen zu unterstützen.

Die Definition der Leistungsgruppen im Bereich der gynäkologischen Onkologie im geplanten Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz wird der Komplexität der Behandlung nicht gerecht und verschlechtert die Qualität der Versorgung von Frauen mit Krebserkrankungen der Gebärmutter, Vulva und Vagina nachhaltig. Die Erfolge von 20 Jahren onkologischer Zertifizierung, die ursprünglich von Frauenärztinnen und Frauenärzten initiiert und nachfolgend für die gesamte Onkologie übernommen wurde, werden damit von Karl Lauterbach mit einem Federstrich zerstört zum Schaden vieler krebskranker Frauen.
Prof. Anton J. Scharl,
Past-Präsident der DGGG e.V.

 

Daher empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V., die „Leistungsgruppe Ovarial-CA“ unbedingt durch eine „Leistungsgruppe Gynäkologische Onkologie“ zu erweitern. Die ausführliche Begründung ist in der zugehörigen Stellungnahme nachzulesen.

Literatur


1 Krebs in Deutschland für 2019/2020. 14. Ausgabe. Robert Koch-Institut (Hrsg) und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (Hrsg). Berlin, 2023

Zur Stellungnahme

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