Berlin, 12. November 2019

Frauen haben das Recht auf korrekte Informationen - Antwort des GBCOG auf eine Pressemitteilung des IQWIG vom 8.11.2019

Die Bertelsmann-Stiftung hatte in einer Publikation am 05.11.2019 behauptet, dass nur bei 10% aller Operationen am Eierstock[1] ein bösartiger Tumor gefunden werde. Sie bezieht sich dabei auf eine Einschätzung des Instituts für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWIG). Im Januar 2019 hatte das IQWIG von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) eine Stellungnahme zu einem Thema aus dem Umfeld der Diagnostik von Veränderungen der Eierstöcke erbeten und erhalten, aber diese Stellungnahme bis jetzt nicht beantwortet, diskutiert oder berücksichtigt. Darin wurde darauf hingewiesen, dass die Erkenntnislage zur Früherkennung von Ovarialtumoren sich gegenüber früheren Publikationen geändert habe. Auf diesen Sachverhalt hat das German Board and College of Obstetrics and Gynecology (GBCOG), eine gemeinsame Einrichtung von DGGG und dem Berufsverband der Frauenärzte, in einer Pressemitteilung vom 06.11.2019 hingewiesen.

Das IQWIG ist jetzt in einer Stellungnahme verwundert, dass die Frauenärzte eine Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke bei gesunden Frauen als Screening befürworten würden. 

Das GBCOG empfiehlt kein derartiges Screening. 

Aber es ist entscheidend, hier die Begrifflichkeit nicht zu vermischen. Screening bedeutet eine organsierte Einladung aller Mitglieder einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu einer Untersuchung, wie das z.B. beim Mammographiescreening der Fall ist. Das Ziel eines Screenings ist es, durch eine Untersuchung einen Vorteil für die gescreente Bevölkerungsgruppe insgesamt zu erreichen. Allerdings steht beim Screening primär der Vorteil einer Populationsgruppe, nicht der einzelner Mitglieder dieser Gruppe im Fokus.

Die Leitlinie der DGGG sieht bekanntermaßen die derzeitige Studienlage für eine generelle Verankerung der Sonographie im Rahmen der Krebsfrüherkennungsuntersuchung als noch nicht ausreichend an. Diese Einschätzung bleibt bestehen.

Das GBCOG hat aber in einer Presseerklärung auf aktuelle Daten aufmerksam gemacht, die zeigen, dass unter bestimmten Qualitätsbedingungen die Ultraschall-Untersuchung der Eierstöcke einen Vorteil für einzelne Frauen bringen kann. Unter diesen Qualitätsbedingungen ist die Trefferquote, d.h. die Zahl der nötigen Operationen, um eine Eierstockkrebserkrankung zu entdecken, deutlich besser als 1:10. Weiterhin Zahlen aus früheren Publikationen zu verwenden, ohne neue Erkenntnisse mit einzubeziehen, ist problematisch. Frauen, denen eine Früherkennung nach den Kriterien „wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmäßig“ – so die Definition des Leistungskataloges der Gesetzlichen Krankenkassen – zu wenig Sicherheit bedeutet, werden mit solchen Botschaften nicht ausreichend und korrekt beraten.

Frauen haben das Recht auf eine korrekte, umfassende und neutrale Information für eine persönliche Entscheidung darüber, welche Maßnahmen sie treffen und welche Untersuchungen sie durchführen lassen, um ihre individuelle Gesundheit möglichst lange zu erhalten. Dazu braucht es auch eine klare Begrifflichkeit.
Das IQWIG spricht in seiner Pressemitteilung ausschließlich von „Screening“, was die Implementierung der Sonographie in den Leistungskatalog der GKV bedeuten würde. Das German Board spricht sich eindeutig nicht für ein solches Screening aus. Es lässt aber einen individuellen Entscheidungsspielraum offen. Denn die Früherkennung einer bösartigen Veränderung der Eierstöcke per Ultraschall kann entgegen früheren Publikationen und Erkenntnissen nach aktuellem Kenntnisstand durchaus einen Gewinn an Lebensqualität und an Lebensjahren bringen. Es wäre hilfreich für die Information und Beratung von Frauen, wenn das IQWIG sich diesen neuen Erkenntnissen nicht grundsätzlich verschließen würde.

Prof. Dr. med. Anton Scharl                Dr. med. Christian Albring 
Präsident der DGGG e.V.                    Präsident des BVF e.V.    

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