Berlin, 9. April 2021

Erschwerter Zugang zu Cytotec® erzeugt Versorgungslücke

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) und die Arbeitsgemeinschaft für Geburtshilfe und Pränatalmedizin e. V. in der DGGG (AGG) nehmen in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Leitender Ärztinnen und Ärzte in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe e.V. (BLFG), dem Berufsverband der Frauenärzte (BVF), der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DPGM) e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Pränatal- und Geburtsmedizin e. V. (DGPGM) zum erschwerten Zugang für Cytotec® (200μg) Stellung.

Wie der Presse zu entnehmen ist, soll der Import von Cytotec® nach Deutschland durch die entsprechenden Firmen eingestellt werden. Nach Angaben der Reimporteure hätten die über das Medikament geführten Diskussionen zu dieser Entscheidung geführt. 

Erschwerter Zugang trifft verschiedene gynäkologische Behandlungsfelder 
Die aktuellen Berichte um den erschwerten Zugang für das Medikament sind aus Sicht der Gynäkologie und Geburtshilfe besorgniserregend, da hierdurch verschiedene Behandlungsfelder betroffen sind, die nichts mit der Geburtseinleitung zu tun haben! 

Die Berichterstattung in der Laienpresse, welche maßgeblich zur Entscheidung des erschwerten Zugangs zu Cytotec® geführt hat, lässt außer Acht, dass das Medikament Cytotec® in verschiedenen Bereichen der Gynäkologie und Geburtshilfe eingesetzt wird. Weltweit und auch in Deutschland wird es verwendet:

  • zur Vorbereitung von Eingriffen an der Gebärmutter,
  • zur Behandlung von Fehlgeburten und 
  • bei starken Blutungen nach einer Geburt. 

Der Wirkstoff Misoprostol steht auf der Liste unentbehrlicher Medikamente
Die Wirksamkeit von Cytotec® bei Fehlgeburten und bei lebensbedrohlichen Blutungen nach der Geburt hat die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) bereits vor Jahren veranlasst, dass der in Cytotec® enthaltene Wirkstoff Misoprostol auf die Liste unentbehrlicher Medikamente gesetzt wird, weil hierdurch Frauen vor einem gesundheitlichen Schaden oder gar vor dem Verblutungstod geschützt werden können. 

Erschwerter Zugang erzeugt Versorgungslücke in der klinischen Geburtshilfe und bei den niedergelassenen FrauenärztInnen 
Falsch ist, dass durch den erschwerten Zugang zu Cytotec® keine Versorgungslücke entsteht. Es wurde zwar mittlerweile zur Geburtseinleitung am Termin ein Misoprostol-Präparat zugelassen, dieses ist aber für die anderen Indikationen (Blutungen und Fehlgeburten) zu niedrig dosiert. Für diese Indikationen gibt es keinen adäquaten Ersatz, wenn Cytotec® nicht mehr zur Verfügung stünde. 

Konfliktsituation bei medikamentösen Schwangerschaftsabbrüchen zusätzlich belastet 
Es gilt auch zu bedenken, dass die zunehmend in Deutschland von den Frauen gewünschte und im Ausland sehr übliche medikamentöse Alternative zur operativen Ausschabung bei Fehlgeburten oder auch Schwangerschaftsabbrüchen nicht mehr in gleicher Breite wie bisher angeboten werden kann. Hierdurch sind weitere negative Folgen für die Frauengesundheit anzunehmen. 

Den gynäkologischen Fachgesellschaften ist sehr wohl bewusst, dass diese Folgen nicht die Intention der medialen Berichterstattung gewesen ist. Der daraus folgende erschwerte Zugang von Cytotec® geht aber zu Lasten der uns anvertrauten Patientinnen – und das bundesweit. 

Autoren: 
Prof. Dr. med. habil. Sven Kehl (Erlangen), Prof. Dr. med. Michael Abou-Dakn (Berlin)

Pressestelle

Sara Schönborn | Heiko Hohenhaus | Katja Mader
Pressestelle Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V.
Jägerstraße 58-60
10117 Berlin
Telefon: +49 (0)30-514 88 3333
E-Mail: Bitte aktivieren Sie JavaScript, um diesen Link anzuzeigen!