Berlin, 21. Oktober 2010
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) hält Schwangerschaften auf Probe für unzumutbar
Bei der Präimplantationsdiagnostik (PID) handelt es sich um diagnostische Untersuchungen an befruchteten Eizellen vor dem Einsetzen in die Gebärmutter. Die aktuelle Diskussion um die PID erfordert mehr Transparenz bezüglich der Absichten der Diskutanten. Sie muss das Wohl der mündigen Mitbürger als zentrales Ziel begreifen und die Vermeidung von Leid für Betroffene in den Vordergrund stellen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur PID vom 6.7.2010 hat für Menschen in Not – Paaren mit Kinderwunsch bei bekanntem Risiko für schwersterkrankte Kinder – auch in Deutschland eine Lösung eröffnet, die vorher nicht möglich schien1. Im Anschluss an diese Entscheidung hat sich eine Diskussion entwickelt, die von Standpunkten dominiert scheint, die diese Möglichkeiten einschränken, ja per Gesetz verbieten möchten.
In einer freien demokratischen Gesellschaft ist es vornehmliche ärztliche Aufgabe, unsere Patienten vor Schaden zu bewahren und sie nicht in Konfliktsituationen zu bringen, die vermeidbar wären und die sie nicht allein bewältigen können.
Wird bei einer auf natürlichem Weg entstandenen Schwangerschaft eine schwere, unbehandelbare Erkrankung des Embryos festgestellt, so ist ein Abbruch der Schwangerschaft gesellschaftlich akzeptiert. Wird die Diagnostikauf sehr frühe Stadien der menschlichen Entwicklung vorgezogen, nämlich auf die Untersuchung der befruchteten Eizelle in frühen Stadien der Zellteilung, so kann damit noch vor der Implantation Sicherheit für die Eltern hergestellt werden; eine Schwangerschaft mit einer offensichtlich schweren Belastung würde dann erst gar nicht zustande kommen.
Dieses aufwändige Vorgehen stellt die bei Weitem geringere Belastung für die Frau mit Schwangerschaftswunsch dar als die Perspektive eines viel späteren Schwangerschaftsabbruchs. Bei der PID handelt sich damit um einen medizinischen Fortschritt, der Betroffenen nicht vorenthalten werden darf.
„... unsere Gesellschaft muss das humane Miteinander weiterhin fördern. Aber sie sollte mit der PID auch zulassen, dass Paare sich in Ausnahmefällen, wohl überlegt und ausführlich beraten, entscheiden können.“2
Im Klartext: Die DGGG setzt sich dafür ein, dass die wohl indizierte PID als Methode betroffenen Paaren auch in Deutschland weiterhin zur Verfügung steht.
Prof. Dr. med. Klaus Friese
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V.
1 Diedrich Klaus et al., Die Präimplantationsdiagnostik nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs 2010. FRAUENARZT 2010; 51 (9): 832-841
2 S. Kastilan: ‚Für das Leben, nicht dagegen“. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 11.7.2010; 27: 53
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG)
Die DGGG fördert als wissenschaftliche Fachgesellschaft Forschung und Wissenschaft in der Frauenheilkunde und garantiert damit die ständige Erneuerung diagnostischer und therapeutischer Richtlinien und Empfehlungen. Sie befasst sich zudem mit der Qualitätssicherung, der Weiterbildung und der Fortbildung in der Frauenheilkunde. Dies dient der Sicherheit bei der gynäkologischen Beratung und Behandlung von Patientinnen. Darüber hinaus vertritt die Fachgesellschaft die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber den Gremien des Bundesministeriums für Gesundheit, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Bundesärztekammer sowie der Öffentlichkeit. Alle zwei Jahre richtet die Gesellschaft den Deutschen Kongress für Gynäkologie und Geburtshilfe aus, auf dem Gynäkologen und Wissenschaftler neueste Erkenntnisse vorstellen und diskutieren.
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