Berlin, im Oktober 2012

DGGG-Kongress 2012 - Kinderwunsch – was dem Embryo auf die Sprünge hilft - Eröffnungs-Pressekonferenz 4.10.2012

Wie finden Spermien den Weg den Eileiter hinauf, und wie gelangt das befruchtete Ei dann wieder in die Gebärmutter hinunter? Wieso treffen Spermien überhaupt die Eizelle, statt an ihr vorbeizuschwimmen? Und können diese Erkenntnisse in der Kinderwunschbehandlung genutzt werden?

Um die Behandlung kinderloser Paare zum Erfolg zu führen, stellen Fortpflanzungsmediziner und Biologen immer neue Fragen, und die Antworten sind oft überraschend und führen zu neuen praktischen Lösungen, die Inhalt der reproduktionsmedizinischen Sitzungen auf dem 59. DGGG-Kongress sind.

So bewegen sich die Spermien nicht nur durch ihre Eigenmotorik voran, sondern sie werden durch aktive Transportmechanismen in der Gebärmutter und im Eileiter fortbewegt. In dem Eileiter, der zu dem gesprungenen Ei führt, finden sich deshalb viel mehr Spermien als in dem gegenüberliegenden Eileiter. 

Diese Transportmechanismen werden durch das Hormon Oxytocin gefördert, das nicht nur für die Kontraktion der Gebärmutter bei der Geburt notwendig ist, sondern auch beim Stillen und beim Orgasmus ausgeschüttet wird. Möglicherweise könnte man diese Zusammenhänge nutzen, um bei einer Frau, die bei einer Kinderwunschbehandlung Spermien in die Gebärmutter eingesetzt werden, die Transportmechanismen  der Tube durch gleichzeitige Gabe von Oxytocin positiv zu beeinflussen.  

Lange Zeit unterschätzt wurden die chemischen Signale, die Eizellen auf ihrer Wanderung durch die Eileiter aussenden, die so genannten Pherome, Diese Signale, sind identisch mit dem Duft von Maiglöckchen. Allerdings „riechen“ die Spermien sie nicht von weitem, sondern erst, wenn sie sich der unmittelbaren Umgebung der Zelle angenähert haben. Dann allerdings hilft das Maiglöckchen-Signal den Spermien, nicht am Ziel vorbeizuschwimmen. Künftige Möglichkeiten, diese Erkenntnis in der Praxis anzuwenden, erläuterte Prof. Dr. med. Christian Thaler, München, auf der Einführungs-Pressekonferenz zum DGGGG-Kongress. 

Neue Entwicklungen, die auf dem Kongress vorgestellt werden, betreffen den Einsatz von natürlichen Signalstoffen, die das Wachstum, die Vermehrung und Ortswechsel von Zellen beeinflussen, den Zytokinen. Bestimmte Zytokine –  vor allem bestimmte Colony Stimulating Factors (CSF) sind notwendig, damit sich eine befruchtete Eizelle richtig entwickeln und in der Gebärmutterschleimhaut einnisten kann. Derzeit wird ihr Einsatz bei der künstlichen Befruchtung noch in Studien untersucht; aber ein breiterer Einsatz ist in den nächsten Jahren zu erwarten.

Eines der großen Probleme in der Reproduktionsmedizin ist, dass Eizellen im Gegensatz zu Spermien im Lauf des Lebens nicht neu gebildet werden. Sie werden in der Embryonalzeit angelegt; schon ab der 20. Fetalwoche kommen keine neuen Eizellen mehr hinzu. Wenn eine Eizelle bei einer 35- oder 40jährgen Frau zum Eisprung heranreift, ist sie also genauso alt wie ihre Trägerin. Der letzte Schritt des Heranreifens – kurz vor dem Eisprung – ist die Aufteilung des Zellkerns und des hier enthaltenen doppelten Chromosomensatz in zwei einfache Chromosomensätze. Bei diesem Schritt sollten die doppelten Chromosomenstränge eng gepaart bleiben, weil es sonst zu einer fehlerhaften Auftrennung kommen kann. Bei älteren Eizellen funktionieren die Proteinstrukturen, die den Zusammenhalt der Chromosomenpaare garantieren sollen, häufig nicht mehr einwandfrei. Deshalb kommt es bei der sogenannten Reifeteilung kurz vor dem Eisprung gehäuft zu fehlerhaften Aufteilungen der Chromosomensätze, bis hin zu geteilten Zellkernen, in denen auf der einen Seite überhaupt kein Chromosomensatz mehr vorhanden ist, auf der anderen Seite – fälschlich – der doppelte Satz. Diese Eizellen sind nach einer Befruchtung nicht entwicklungsfähig. Treten Störungen der Chromosomenteilung nur in einzelnen Chromosomen auf, so können diese Eizellen häufig überleben und befruchtet werden. Bei schwereren Störungen stirbt der Embryo allerdings während der Schwangerschaft ab, bei leichteren Störungen treten Folgen wie etwa bei der die Trisomie 21 auf.

© DGGG 2012


Prof. Dr. med. Christian J. Thaler
Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin (www.repromedizin.de
Leiter des Hormon- und Kinderwunschzentrums
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der LMU
München - Grosshadern
81377 München
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