Berlin, im Oktober 2012
DGGG-Kongress 2012 - Brustkrebs – neue Tests entlasten viele Patientinnen
Wenn man weiß, welche Eigenschaften eine Tumorzelle hat und welche nicht, dann kann man heute in vielen Fällen die Arzneitherapie sehr exakt auf diese Eigenschaften einstellen. Krebsmedikamente, die nicht zu diesen Eigenschaften passen, müssen in diesen Fällen erst gar nicht angewendet werden.
Was diese Erkenntnisse für Frauen mit Brustkrebs bedeuten, wird auf dem 59. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe intensiv diskutiert. Die meisten dieser Tests werden direkt am Krebsgewebe selbst durchgeführt, das nach der Operation ins pathologische Institut des Brustzentrum weitergegeben wird. Hier wird untersucht, ob der Tumor Rezeptoren für Östrogen, Progesteron oder für bestimmte Wachstumsfaktoren hat.
Eine weitere Möglichkeit ist es, die genetischen Eigenschaften der entnommenen Tumorzellen zu untersuchen und daraus auf die Teilungsfreudigkeit und Aggresivität des Tumors zu schließen. Ein weiterer Ansatz ist die Frage, ob sich im Blut der Patientin Krebszellen finden. Wenn ein Tumor – unabhängig von seiner Größe und vom Lymphknotenbefall – Krebszellen ins Blut streut, so bedeutet das, dass die Tumorzellen in der Lage sind, durch die Wände der Blutzellen hindurchzuwandern und sich dann möglicherweise auch an anderen Stellen anzusiedeln.
In mehreren Sitzungen auf dem Kongress wird erörtert, welche Folgen diese Erkenntnisse für die Behandlung von Brustkrebspatientinnen haben, wie Priv.-Doz. Dr. Brigitte Rack, Oberärztin an der Frauenklinik der Ludwig-Maximilian-Universität München, auf der Eröffnungs-Presssekonferenz erläuterte.
Bewährt ist es, bei Tumoren mit Östrogen-Rezeptoren über einen längeren Zeitraum antihormonelle Medikamente zu verabreichen, um die nach der Operation eventuell im Körper verbliebenen Tumorzellen an der Vermehrung zu hindern. Bei Tumoren ohne Östrogen-Rezeptoren müssen diese Arzneimittel nicht verabreicht werden.
Wenn auf Krebszellen Rezeptoren für definierte Wachstumsfaktoren gefunden wurden – hier wird bei Brustkrebs-Patientinnen vor allem nach unterschiedlichen Rezeptoren für den Human Epidermal Growth Factor gesucht -, so ermöglichen Arzneimittel, die speziell an diesen Rezeptoren binden und sonst nirgends, eine sehr gezielte Therapie. Eine Kombination von zwei unterschiedlichen Rezeptorblockern verbessert die Erfolge zusätzlich, selbst bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs.
Weisen die genetischen Tests darauf hin, dass es sich um eine „friedliche“ Krebsvariante handelt, die weder besonders stoffwechselaktiv ist noch das Potential hat, schnell zu wachsen oder Krebszellen ins Blut zu streuen, dann kann bereits heute entschieden werden, der Patientin anstrengende und nebenwirkungsreiche Chemotherapien zu ersparen, ohne dass dieser Verzicht das Risiko für Rückfälle und Metastasen erhöhen würde. Das könnte in Zukunft für viele Patientinnen einen erheblichen Gewinn an Lebensqualität bedeuten.
Während es Standard ist, die Brustkrebstherapie an den Ergebnissen der Östrogen- und HER2/neu-Rezeptorbestimmung auszurichten, bezahlen die meisten Krankenkassen die Zusatzuntersuchungen bisher noch nicht.
Neue Konzepte bei der lokalen Therapie
Mit einer Bestrahlung wird das genetische Material in einer Zelle geschädigt, so dass eine Teilung nicht mehr möglich ist bzw. die Zelle abstirbt. Bei Zellen und Geweben, die sehr stoffwechselaktiv sind und sich schnell teilen wie Tumorzellen, wirkt die Bestrahlung deshalb besonders intensiv, während das umliegende Gewebe weniger beeinflusst wird. Neu ist das Konzept, die Patientin bereits vor oder während der Operation zu bestrahlen. Bereits in die neuen Leitlinien zur Behandlung des Brustkrebs aufgenommen ist dagegen das Konzept der Bestrahlung während der Operation, das zu einer Verkürzung der gesamten Strahlungsdauer führt. Die Strahlenquelle wird dabei für eine definierte Zeit abhängig von der Tumorgröße in der frisch operierten Brust positioniert wird. Die intraoperative Bestrahlung als alleinige Strahlentherapie für ausgewählte Patientinnen ist jedoch noch Gegenstand aktuell laufender Studien. Ebenso untersucht werden aktuell Konzepte der Bestrahlung der Brust bereits vor der Operation, mit dem Ziel, den Tumor vor der Operation zu verkleinern.
Neu in der lokalen Therapie der Brustkrebserkrankung ist auch, dass in vielen Fällen ausschließlich der sogenannte Wächterlymphknoten, der erste ableitende Lymphknoten der Brust entfernt werden muss und auf die Entfernung weiterer Lymphknoten verzichtet werden kann. Durch diese neuen Konzepte können die Nebenwirkungen der lokalen Therapie deutlich vermindert werden.
Monica Morrow, Leiterin eines der renommiertesten Brustkrebs-Zentrumen in den Vereinigten Staaten, wird auf dem Kongress der DGGG über die Chancen sprechen, die dieses neuen Konzepte für die Patientin mitbringen könnte.
© DGGG 2012
Ansprechpartnerin für die Medien:
Priv.-Doz. Dr. med. Brigitte Rack
Oberärztin
Klinik & Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
der Ludwig-Maximilians-Universität München
Campus Innenstadt
Maistr. 11
80337 München
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